Ganglion (Überbein)

Schmerzen am Handgelenk können gelegentlich von einem sogenannten Ganglion (Überbein) verursacht sein. Hierbei handelt es sich um cystische Gebilde, die von Gelenkflüssigkeit ausgefüllt sind. Sie sind gutartige Neubildungen und treten am Handgelenk meist streckseitig (dorsoradial) oder beugeseitig (radiopalmar) auf.

Über einen kleinen Stiel gelangt die Flüssigkeit aus dem Gelenkinneren durch eine Lücke in der Gelenkkapsel nach außen. Diese Verbindung kann eine ventilartige Funktion aufweisen, so dass die Flüssigkeit nur in einer Richtung, d.h. von innen nach außen fließen kann. Dadurch wächst das Ganglion und wird zunehmend härter, da sich der geleeartige Inhalt zunehmend verfestigt.

Aus diesem Grund spricht der Volksmund auch von einem Überbein, da er als Ursache für die harte Schwellung am Handgelenk einen Knochen vermutet.

Auch die Wissenschaft ist nicht viel schlauer und kann keine schlüssige Erklärung für die Entstehungsweise dieser Neubildungen anbieten.

Beschwerden

Bei Belastung können Schmerzen am Handgelenk auftreten. Die streckseitigen Ganglien verursachen typischerweise Schmerzen beim Aufstützen auf die Handfläche. Prinzipiell können sie sich aber auch spontan wieder zurückbilden.

Diagnostik

Meist wird die Diagnose vom Patienten selbst gestellt. Das gilt für die Fälle, in denen man diese Überbeine von außen leicht tasten kann. Sie fühlen sich prall-elastisch an. Bei sehr kleinen Ganglien – die nicht minder schmerzen können – ist eine sorgfältige Tastuntersuchung erforderlich. Auch durch eine Ultraschall-Untersuchung lassen sich diese flüssigkeitsgefüllten Hohlräume in aller Regel gut darstellen.

Durch eine Röntgen – Aufnahme des Handgelenks lassen sich diese Weichteil-Neubildungen zwar nicht bildhaft darstellen, aber man kann zumindest begleitende, oder auch gelegentlich ursächliche Gelenkschädigungen gut erkennen. Andererseits zeigt das Röntgenbild manchmal eine Ausbreitung des Ganglions in einen der Handwurzelknochen hinein, meist ist dann das Mondbein (os lunatum) betroffen.
Eine Kernspin-Untersuchung ( MRT ) ist nicht zwingend erforderlich, wenn das Überbein von außen gut sichtbar und tastbar ist. Außer man hat den Verdacht auf weitere Gelenkschädigungen. Für die Fälle, in denen das Überbein sehr klein ist oder komplett innerhalb des Gelenks lokalisiert ist, ist das Kernspin sehr hilfreich und kann den Operateur in die richtige Richtung leiten.

WAS GIBT ES IM KERNSPIN (MRT) ZU SEHEN ?

ROTER PFEIL – das mit Flüssigkeit gefüllte Ganglion stellt sich im Kernspin weiß dar (T2-Gewichtung).

1 Die Handwurzelknochen liegen zentral im Handgelenk

2 Die Strecksehnen liegen in diesem Fall über dem Ganglion

3 Im Karpalkanal finden sich 9 Beugesehnen

4 Begleitet werden die Beugesehen im Karpalkanal vom Medianusnerv (s. Karpaltunnelsyndrom)

Therapie

Nach korrekter Diagnosestellung bestehen folgende Möglichkeiten

  • Wenn das Überbein keine Beschwerden verursacht und auch kosmetisch nicht stört, kann abgewarten werden. Vor allem weil sich ein Teil dieser Neubildungen wieder spontan zurückbildet. Zu früheren Zeiten hat man versucht durch grobe Gewalt das Ganglion zum Platzen zu bringen. Manchmal lässt es sich durch ein Ausmassieren zur Rückbildung bringen.
  • Wenn Schmerzen bei Belastung oder in Ruhe auftreten, kann eine Punktion mit einer Spritze mit evlt. Einspritzen von Cortison erfolgen. Dies ist zwar mit einem hohen Risiko des Wiederauftretens verbunden, aber einigen Patienten kann man damit dauerhaft helfen. Da das Ganglion mit dem Handgelenk verbunden ist, kann es durch die Punktion theoretisch auch zu einer Gelenkinfektion kommen.
  • Am zuverlässigsten hilft die operative Entfernung des Überbeins, streckseitig durch einen querverlaufenden Schnitt im Verlauf der Hautspaltlinien und beugeseitig durch einen längsgerichteten Schnitt.


Wichtig bei der Operation ist die radikale und vollständige Entfernung des Ganglions. Es werden neben den oberflächlichen auch die im Handgelenk liegenden Anteile und der Stiel ins Gelenk entfernt. Hierzu wird in der Tiefe die Gelenkkapsel des Handgelenks eröffnet.

Nachbehandlung

Es wird nur ein Verband angelegt, die Finger können sofort wieder bewegt werden. Das Handgelenk sollte auch – sofern dies die Schmerzen zulassen – in kleinen Schritten bereits in den ersten Tagen wieder beübt werden. 10-12 Tagen können die Hautfäden entfernt werden. Volle Belastung ist nach 3 – 4 Wochen möglich. Wobei es in Einzelfällen auch sehr viel länger dauern kann, bis völlige Schmerzfreiheit erreicht ist.

Wiederauftreten (Rezidiv)

In 10-20 % muss man mit einem Rezidiv rechnen. Das kann evtl. durch eine unvollständige Entfernung des Ganglions bedingt sein. Das folgende Kernspin zeigt ein Ganglion mit Anteilen innerhalb und außerhalb der Gelenkkapsel.

Ganglien können auch an anderen Stellen auftreten, z.B. an den Fingergelenken.

Ganglien können auch auf Nerven drücken und sie in ihrer Funktion stören. (Bild rechts)

A2-Ringbandganglion am Finger

Das sogenannte A2-Ringbandganglion tritt direkt in der Beugefurche des Fingergrundglieds auf. Hier befindet sich der Bereich des A2-Ringbandes, ein wichtiger Bestandteil der Beugesehnenscheide. Es bildet sich aus einer kleinen ventilartigen Öffnung in der Beugesehnenscheide, hat also keine Verbindung zu Gelenken. Es ist mit galertiger Flüssigkeit gefüllt.

Es wird am zuverlässigsten durch die operative Entfernung behandelt. Anschließend muss sofort wieder bewegt werden, um evtl. Verklebungen der Beugesehne zu vermeiden. Der Hautschnitt erfolt direkt in der Beugefurche, um weitere sichtbare Narben zu vermeiden.

Haben diese Überbeine mit Arthrose (Gelenkverschleiß) zu tun?

Meistens sind die betroffenen Gelenke in Ordnung, selten zeigen die routinemäßig angefertigten Röntgen-Aufnahmen eine zugrunde liegende Arthrose. In diesen Fällen sollte überlegt werden, neben der Ganglion-Entfernung auch die Arthrose entsprechend operativ zu behandeln.
Wenn diese Arthrosen allerdings nur wenig Beschwerden bereiten, kann man auch abwarten.

Im Kernspin wurde kein Ganglion nachgewiesen – was tun?

Das Kernspin ist nicht immer in der Lage jedes Ganglion zuverlässig abzubilden. Das ist in erster Linie von der Qualität der Untersuchung abhängig. Wichtig ist die Verwendung von Kontrastmittel. Damit lassen sich meist auch relativ kleine Ganglien darstellen, die komplett innerhalb der Gelenkkapsel liegen können. Wenn also die typischen Beschwerden eines beispielsweise streckseitigen Ganglions vorliegen (Druckschmerz an typischer Stelle über der streckseitigen Gelenkkapsel/Schmerzen beim Aufstützen auf die Handfläche und beim Abbiegen in die Beugerichtung),
dann sollte man auch in unklaren Fällen eine operative Eröffnung des Handgelenkes durchführen und nach versteckten Ganglien suchen.

Carpal bossing – Carpe bossu – Handrückenhöcker

Ein carpal bossing ist eine knöcherne Wucherung am Übergang von der Handwurzel zur Mittelhand, eine sogenannte Exostose mit häufig flüssigkeitshaltigem Überzug, eigentlich somit ein echtes Überbein. Dieses kann man natürlich operativ abtragen, jedoch sind die Rezidivraten relativ hoch (30 – 40 % Wiederauftreten), somit sollte man sich auf die wirklich symptomatischen beschränken. Beispielsweise kann es zu einer Störung der Sehnenfunktion zum Zeige- oder Mittelfinger kommen, so dass man dann reagieren sollte.

Hier ein Foto (links) und eine Abbildung von einer Patientin, die sowohl die beschriebene Exostoe (auch Handrückenhöcker genannt) als auch ein Ganglion über der Handwurzel aufweist.
Die seltene Kombination aus einem „knöchernen“ und einem
weichteiligen Überbein. (Bild rechts)