Das Karpaltunnel-Syndrom

Die endoskopische Operation ist von Vorteil!

Unsere langjährige Erfahrung in der Behandlung dieser Nervenerkrankung zeigt, dass diese Technik in geübter Hand für den Patienten viele Vorteile mit sich bringt. Machen Sie sich im folgenden mit den Ursachen, Symptomen und den Behandlungsmöglichkeiten dieser Erkrankung vertraut.

STAU im KARPALTUNNEL!

Das Karpaltunnel-Syndrom ist eine sehr häufige Erkrankung an der Hand. Es handelt sich um ein Engpass-Syndrom des NERVUS MEDIANUS (sogenannter Mittelnerv) im Karpalkanal (oder auch Karpaltunnel genannt), im Bereich zwischen dem Daumenballen und dem Kleinfingerballen. Dort verläuft der Medianus-Nerv zusammen mit den Beugesehnen zur Hohlhand.

Die Abbildung rechts zeigt den Karpal-Kanal mit lila Pfeilen umrandet. Dieser Kanal ist einerseits knöchern durch die Handwurzelknochen begrenzt und andererseits durch eine kräftige Bandverbindung zwischen dem Kleinfinger- und Daumenballen abgeschlossen. Die Grafik zeigt die räumliche Übermacht der Beugesehnen im Karpal-Kanal.

Ständig erhöhter Druck auf den Nerven kann zu dauerhaften Schädigungen führen.

Symptome / Beschwerden

„Ich kann nachts nicht mehr durchschlafen, mir schlafen die Finger ein, sie kribbeln und ich muss die Hand schütteln oder sie anders hinlegen, damit ich wieder weiter schlafen kann…“

In der Regel treten die Beschwerden zu Beginn der Erkrankung nachts oder am frühen Morgen auf.
Wenn das Karpaltunnel-Syndrom nicht behandelt wird, muss man auch mit Beschwerden tagsüber rechnen.

„Am Anfang hatte ich nur nachts Kribbeln und Einschlafen der Finger, aber in letzter Zeit schlafen sie auch tagsüber ein: beim Telefonieren, beim Radfahren oder Autofahren…“

Diese vorwiegend nächtlichen Missempfindungen können über den gesamten Arm bis zur Schulter strahlen und den Nachtschlaf empfindlich stören.

„Ich kann feine Gegenstände nicht mehr sicher greifen, mir fallen immer öfter Dinge aus der Hand…“

Wenn das Gefühl an der Fingerbeere nachlässt, kommt es zu einer empfindlichen Störung der Feinmotorik,
Knöpfe können nicht mehr zugemacht werden, kleine Gegenstände nicht mehr aufgehoben werden,
eine schwerwiegende Beeinträchtigung der Lebensqualität vor allem des alten Menschen.

„Mein Daumenballen ist viel flacher geworden!“

Abb.: Thenar-Atrophie (Schrumpfung der Muskulatur am Daumenballen/siehe Pfeil). Bei fortschreitender Erkrankung kommt es in den meisten Fällen zunächst zu einer ständigen Pelzigkeit der Finger (meist Daumen bis Ringfinger ) und begleitend zu einem meist unmerklichen Schrumpfen (Atrophie) des Daumenballens. Das liegt daran, dass der Medianusnerv nicht nur sensible, sondern auch motorische Anteile mit sich führt, die ebenfalls mitgeschädigt sein können, so dass es nicht nur zu einer kaum merklichen Schwäche des Daumens mit Störung der sog. Opposition (Gegenüberstellung des Daumens zu den übrigen Langfingern), sondern auch irgendwann zu einem Muskelschwund in diesem Bereich kommt.
Diese Patientin zeigt an ihrer linken Hand eine deutliche Schrumpfung des Daumenballens. Die Fähigkeit zur Gegenüberstellung (= Opposition) des Daumens ist nicht mehr vorhanden. Der Daumen kann nicht mehr ausreichend rotieren und sich dem Mittelfinger nicht mehr passend gegenüberstellen. An der rechten Hand treffen sich die Fingernägel von Daumen und Mittelfinger und bilden gewissermaßen ein Spiegelbild (sog. NAGELZEICHEN).

Selbstverständlich gibt es viele Einzelfälle, die sich nicht an diesen „lehrbuchhaften“ Verlauf halten und zum Teil nur Einzelsymptome aufweisen oder über viele Jahre konstant in der Anfangsphase bleiben oder diese einfach überspringen…

Ursachen

Es handelt sich um eine Einklemmung / Kompression des Medianus-Nerven im Karpalkanal. Ursächlich hierfür ist meist eine Kombination aus knöcherner Enge des Karpalkanals und Drückerhöhung durch andere Ursachen.

  • Entzündliche Schwellung des Sehnengleitgewebes der Beugesehnen
    (alle Beugesehnen der Finger verlaufen zusammen mit dem Medianus-Nerven durch diesen Kanal!) durch erhöhte mechanische Belastung oder rheumatische Entzündungsvorgänge
  • Vermehrte Wassereinlagerung durch hormonelle Umstellungen (z.B. Schwangerschaft)
  • endokrine Störungen (Schilddrüsenunterfunktion/Akromeglie , Gicht)
  • Posttraumatische, d.h. durch einen Unfall bedingte Druckerhöhungen im Karpalkanal (vor allem Speichenbrüche können zu Blutergüssen und Schwellungen führen, die im benachbarten Karpalkanal eine Druckerhöhung auslösen)

Operation

Prinzipiell gibt es 2 verschiedene Operationstechniken: die offene und die endoskopische Karpaldachspaltung.

Diese Techniken sind als gleichwertig zu betrachten. Ziel der Operation ist jeweils die Eröffnung des Karpaldachs, um den Medianus-Nerv zu entlasten.

Sowohl bei der offenen als auch bei der endoskopischen Technik wird das sogenannte Karpalband zwischen Daumen – und Kleinfingerballen durchtrennt, auch Ligamentum carpi transversum genannt, mit den lila Pfeilen markiert.

Hierduch wird für den Nerven Entlastung geschaffen

Die offene Technik

Der Eingriff kann ambulant in Betäubung des Armes erfolgen. Es wird in der offenen Technik ein längsverlaufender Schnitt in der sogenannten Lebenslinie zwischen dem Daumen- und dem Kleinfingerballen durchgeführt (über 3-4 cm). In der Tiefe wird das Karpaldach komplett durchtrennt, der Karpaltunnel somit eröffnet und hierdurch Platz für den Medianus-Nerven geschaffen.

Gelegentlich werden die begleitenden Beugesehnen von überschüssigem Gleitgewebe befreit und der Medianusnerv von einer evtl. komprimierenden Hüllschicht gelöst. Anschließend wird nur noch die Haut genäht und ein lockerer Verband angelegt. Normalerweise wird hierbei keine Drainage eingelegt und keine Gipsschiene angepasst.

Die endoskopische Technik

Aus der Vielzahl an möglichen endoskopischen Techniken hat die von mir favorisierte Einportal-Technik nach Agee den Vorteil, dass nur ein kleiner Schnitt am Unterarm erforderlich ist, um die Optik einzuführen. Mit dem Spezialinstrument kann ein kleines Messer ausgefahren werden, mit dem das Karpaldach durchtrennt wird. Mit der endoskopischen Operation sind in der Anfangsphase etwas weniger Schmerzen verbunden.

Sollte auch eine endoskopische Operation an der anderen Hand erforderlich sein, so kann man das in kurzem zeitlichen Abstand terminieren. Ein weiterer Vorteil sind die gegenüber dem offenen Vorgehen deutlich weniger auftretenden Narbenbeschwerden. Nachteil ist das etwas erhöhte Risiko einer Nervenverletzung, dies wiederum ist allerdings abhängig von der Erfahrung Ihres Operateurs.

Diese Schemazeichnung zeigt das Spezial-Instrumentarium für die endoskopische CTS-OP.
Es handelt sich hierbei um ein schonendes Verfahren in erfahrener Hand. An der Spitze des Instruments befindet sich ein kleines endoskopisches Messer, das sich leicht ausklappen lässt. Es wird dann unter Sicht zurückgezogen.
Nach Durchtrennung des Karpalbandes sind die weißen Bandränder und die rötliche Muskulatur mit dem Endoskop gut erkennbar.

Diese Muskelfasern überqueren hier häufig die Handfläche im Bereich des Daumen- und Kleinfingerballens und können so geschont werden.

Offen oder Endoskopisch?

Der offene Schnitt empfiehlt sich v.a. bei Wiederholungseingriffen oder bei Rheumatikern, bei denen auch die Beugesehnen mit gesäubert werden sollten. Bei allen anderen Patienten kann mit einer Endoskopie des Karpalkanals begonnen werden. Bei guter Übersicht wird die Operation endoskopisch fortgeführt. Sollten sich allerdings starke Verwachsungen im Bereich des Nervens zeigen, kann auf das offene Verfahren gewechselt werden. Auf diese Weise kann mit größtmöglicher Sicherheit eine Nervenverletzung vermieden werden.
So muss der Patient vor der Operation nicht selbst die Vor- und Nachteile der verschiedenen Verfahren abwägen und sich für das eine oder andere Verfahren entscheiden, sondern der Operateur macht dies von den anatomischen Verhältnissen während der Operation abhängig.

Das Foto links zeigt die Situation am 1. Tag nach beidseitiger endoskopischer CTS-OP

Dieser Eingriff kann in bestimmten Fällen auch beidseits durchgeführt werden. Normalerweise empfiehlt sich ein Intervall von 1-2 Wochen zwischen den Operationen, sofern ein beidseitiges Karpaltunnel-Syndrom festgestellt wurde.
Hier sind nur noch einfache Pflasterverbände erforderlich. Leichte Tätigkeiten können schon wieder durchgeführt werden.

Nachbehandlung

In den Folgetagen werden die Wundverhältnisse überprüft, dann muss der Patient selbständig mit Bewegungsübungen der Finger und des Handgelenkes beginnen, wobei Schmerzen zu vermeiden sind.
In dieser Phase sollte die Hand meist in Herzhöhe gehalten werden und nicht nach unten hängen. Bei Auftreten von Schwellungen im Operationsgebiet empfiehlt sich Auflage von Cool-Packs (3x täglich) auf den Verband. Schrittweise darf man dann zur Alltagsbelastung wieder zurückkehren, wobei schweres Heben die folgenden 3-4 Wochen nicht erlaubt ist. Die volle, schmerfreie Wiederherstellung der Kraft benötigt in den meisten Fällen 4-6 Wochen. Die Dauer der Arbeitsunfähigkeit richtet sich in erster Linie nach den Anforderungen des einzelnen Arbeitsplatzes.

Häufige Fragen der Patienten

„Wer stellt die Diagnose?“

Die Diagnose ergibt sich einerseits aus den typischen Beschwerden des Patienten und andererseits aus dem Ergebnis der immer erforderlichen Untersuchung durch einen Neurologen. Hierbei wird die Leitfähigkeit des Nerven untersucht.

„Gibt es noch andere Ursachen für Gefühlstörungen an der Hand?“

Neben der klinischen Untersuchung der Hand sollten auch die vorgeschalteten Regionen mit untersucht werden, d.h. Ellbogen, Schulter und die Halswirbelsäule.
Hier können vor allem Abnutzungserscheinungen oder Bandscheiben-Schäden an der Halswirbelsäule ( durch Schädigung der Nervenwurzeln ) zu ähnlichen Symptomen führen. Nicht selten liegt eine Kombination aus doppelter Schädigung der Nerven vor, d.h. an der Halswirbelsäule und im Karpalkanal. Evtl. sind Zusatzuntersuchungen wie ein MRT der Halswirbelsäule erforderlich, um eine Klärung zu erreichen. Eine weitere mögliche Ursache für untypische Gefühlstörungen an der Hand ist die sog. Polyneuropathie, die vor allem beim Diabetiker auftritt.

„Sind noch andere Untersuchungen vor einer Operation des Karpaltunnel-Syndroms erforderlich?“

Die Hand sollte natürlich auch klinisch, d.h. durch Betasten der Hand durch den Arzt untersucht werden. Hierbei interessiert das Ausmaß der Gefühlstörung an den Fingern, die motorische Funktion ( Kraft und Beweglichkeit ) des Daumens, die Qualität aller Gelenke an der Hand. Gelegentlich finden sich begleitende Arthrosen des Daumensattelgelenkes und Entzündungen der Beugesehnenscheiden ( sog. Schnappfinger ), die in einigen Fällen mitoperiert werden können. Bei Verdacht auf arthrotische Veränderungen ( Abnutzungen der Gelenke ) an der Hand, sollte vor der Operation eineRöntgen-Untersuchung durchgeführt werden. Selbstverständlich muss Ihr Hausarzt oder Internist sie vor der geplanten Narkose ( auch wenn nur eine Betäubung des Armes vorgesehen ist ) körperlich untersuchen, Blut abnehmen und evtl. eine Röntgen-Untersuchung der Lunge und ein EKG veranlassen.

„In welcher Phase der Erkrankung sollte operiert werden?“

Im Anfangsstadium kann noch konservativ therapiert werden, beispielsweise eine abnehmbare Lagerungsschiene zur Nacht angelegt werden.
Hierduch lassen sich die nächtlichen Missempfindungen in den meisten Fällen ausschalten und häufig auch dauerhaft beseitigen, so dass nach 2-3 Monaten in vielen Fällen wieder ohne Schiene geschlafen werden kann. Sollten jedoch bereits über 3-4 Wochen ständig anhaltende Gefühlstörungen ( der Fingerkuppen oder der gesamten Finger ) vorliegen, sollte die Operation angestrebt werden, andernfalls besteht die Gefahr der ausbleibenden Nervenerholung mit evtl. anhaltenden Restbeschwerden. Ein bereits vorliegender Muskelschwund am Daumenballen ist in der Regel nicht mehr korrigierbar.

„Mein Neurologe hat nichts gefunden, obwohl ich die typischen Beschwerden eines Karpaltunnelsyndroms habe“

Es kann gelegentlich vorkommen, dass die neurologische Untersuchung keinen krankhaften Befund erbringt, obwohl der Patient die typischen nächtlichen Symptome schildert und auch eine völlig gesunde Halswirbelsäule aufweist.
In diesen Fällen ist man meist trotzdem gezwungen eine Operation durchzuführen, die auch in vielen Fällen zu einer Beschwerdebesserung führt.
Man spricht dann von einem sogenannten elektronegativen Karpaltunnel-Syndrom.

„Wann kann ich nach der Operation mit einer Besserung meiner Beschwerden rechnen?“

In der Regel kann man – bei korrekter Freilegung des Nervens – mit einer sofortigen Besserung der Nacht-Schmerzen rechnen. Bereits die erste Nacht sollte schon eine bessere Nachtruhe ( abgesehen von evtl. lokalen Beschwerden durch die Operation ) bieten. Leider ist hinsichtlich der Wiederherstellung des Gefühls an den Fingern kein ebenso schneller Effekt zu erwarten.
Die Dauer der nach der Operation anhaltenden oder immer wieder tagsüber eintretenden Sensibilitäts-Störungen an den Fingern richtet sich meist nach der Beschwerdedauer vor der Operation. In manchen Fällen ist noch nach mehreren Monaten eine völlige Wiederherstellung eingetreten. Bei bereits monate- oder jahrelangen Sensibilitätsstörungen vor der Operation kann naturgemäß keine völlige Wiederherstellung garantiert werden. Gelegentlich bestehen Überempfindlichkeiten im Narbenbereich, die ein schmerzfreies Aufstützen auf die Operationsnarbe bis zu 6 Monaten verhindern können.

Interessante Links

Leitlinien der Fachgesellschaften Handchirurgie – Neurochirurgie und Neurologie
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Seltene Ursachen eines Karpaltunnel-Syndroms

Dieser Querschnitt durch den Karpalkanal zeigt ein fast 4 cm großes Ganglion, welches auf die Beugesehnen und den Medianus-Nerven drückt und so die Symptome eines Karpaltunnel-Syndroms hervorruft – ein seltener Befund.

Zusätzlich wurden Schmerzen im Bereich des Daumenballens angegeben, die zur Durchführung dieser MRT-Untersuchung Anlass gaben.
Die Therapie der Wahl in diesem Fall ist die offene Entfernung dieses Ganglions mit Freilegung des Nervens.

Die lila Punkte zeigen die Grenzen des Karpalkanals mit dem flüssigkeitsgefüllten Ganglion und der schwarz erscheinenden Beugesehnen im Querschnitt.

Das folgende OP-Bild zeigt auf eindrucksvolle Weise die vorgefundene Kompression des Medianus-Nerven im Karpaltunnel.

Der Nerv ist tailliert ( blaue Pfeile ) und vor der Einengung aufgeschwollen.
In der oberen Ecke der Wunde ist etwas Muskulatur zu erkennen und seitlich die weißen Ränder des bereits durchtrennten Handgelenk-Bandes zwischen Daumenballen und Kleinfingerballen